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Niels Ritterhoff: Wir sehen eine deutlich steigende Nachfrage nach Recycling

Niels Ritterhoff: Wir sehen eine deutlich steigende Nachfrage nach Recycling

Nils Ritterhoff, Geschäftsführer von ENTEX Rust & Mitschke, gab dem Verband Deutscher Kunststoff- und Gummimaschinen (VDMA) im Vorfeld der K 2022 ein Interview.

Herr Ritterhoff, wie trägt ENTEX zur Circular Economy bei?

Gemeinsam mit Partnerunternehmen sowie mit Forschungsinstituten haben wir in den vergangenen Jahren verschiedene Recyclingverfahren analysiert, entwickelt und verbessert. Dazu gehören zum Beispiel die Compoundierung oder Synthese von Biokunststoffen und Rezyklaten sowie die Devulkanisierung von Altreifenkautschuk. Ein Novo-Tech-Kunde verwendet beispielsweise unsere Extruder, um Rotorblätter von Windkraftanlagen aus glasfaserverstärktem Kunststoff durch einen Compoundierungsprozess zu verarbeiten. Hier werden dem Holzwerkstoff Rezyklate zugesetzt, die unter anderem für die Herstellung von Terrassendielen verwendet werden.

Der Kunde hat auch ein eigenes Rücknahmesystem für seine Produkte geschaffen. So werden Terrassendielen aus Holzfasern und recycelten Duroplasten sowie ein kleiner Teil Thermoplaste nach Gebrauch zurückgenommen. Zudem werden sie recycelt und anteilig in den Herstellungsprozess neuer Terrassendielen zurückgeführt – ohne Qualitätsverlust.

Dass die Qualität des Endprodukts trotz des Anteils an Sekundärrohstoffen auf einem hohen Niveau bleibt, ist maßgeblich unserem Planetwalzenextruder zu verdanken.

Das Arbeitsprinzip der Maschine gewährleistet hervorragende Mischeigenschaften ohne Materialschäden durch Überlastung. Nur so können aus recycelten Bodenbelägen und Windparkflügeln neue Dielen hergestellt werden, die den hohen Qualitätsanforderungen entsprechen.

Worauf ist beim Recycling von Wertstoffen besonders zu achten?

In den Prozessen der mechanischen und chemischen Bearbeitung von Kunststoffen haben wir ein breites Spektrum an Anwendungen und Aufgaben für die Maschine. Ich möchte zwei Beispiele nennen, wie ENTEX seine Kunden beim Recycling von Wertstoffen besonders unterstützen kann: Wenn beispielsweise das Recyclingmaterial wie oben beschrieben mit Neuware gemischt wird, ist es wichtig, dass die Wertstoffe nicht unnötig belastet werden während des Prozesses, da dies Abfallqualität verursacht.

Da unser Planetwalzenextruder im Vergleich zu anderen Systemen mit besonders geringen Scherkräften arbeitet, bietet er hierfür die notwendigen Grundvoraussetzungen. Darüber hinaus regelt unser Fluidtemperiersystem gezielt das Verhältnis von mechanischem und thermischem Input, um die Prozessanforderungen zu erfüllen, Materialbelastungen weiter zu minimieren und Schäden zu reduzieren oder zu vermeiden.

Ein weiterer interessanter Aspekt der Rezyklatverarbeitung ist, dass flüchtige Verunreinigungen und Geruchsstoffe daraus extrahiert werden können. Aufgrund der speziellen Geometrie und Arbeitsweise unseres Extrusionssystems ist die Oberfläche und das Volumen innerhalb der Maschine größer als bei anderen Systemen. Durch Anlegen eines starken Vakuums können Verunreinigungen effizienter entfernt werden.

Wie wird sich die Branche entwickeln?

Die Kunststoffindustrie befindet sich noch in den Anfängen der Kreislaufwirtschaft. In den letzten Jahren haben wir einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach unseren Recyclingverfahren festgestellt. Viele der Prozesse in dieser Anwendung sind hochinnovativ und dennoch experimentell, insbesondere im Bereich der chemischen Verarbeitung. Wir haben viele Kunden, die zum Beispiel die Depolymerisation verschiedener Materialien testen. Dies steckt jedoch noch in den Kinderschuhen; Heute gibt es nur noch wenige Betriebe, die chemische Prozesse bereits im industriellen Maßstab betreiben.

Andererseits gibt es im Bereich der mechanischen Bearbeitung seit einiger Zeit etablierte Systeme auf dem Markt. Wir als Ingenieurbüro möchten, dass der Gesetzgeber klare Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer schafft. Es wäre nicht gut, wenn wir in Deutschland oder Europa Regeln befolgen müssten, die unsere asiatischen Wettbewerber nicht haben.

Können diese Einschränkungen zu einem technologischen Vorsprung führen?

Ich glaube, dies wird uns für einen begrenzten Zeitraum einen Wettbewerbsvorteil verschaffen; das ist in der Vergangenheit auch passiert. Unsere Wettbewerber in Asien waren lange Zeit nicht auf unserem technologischen Niveau. Allerdings haben sie in den letzten Jahren einiges aufgeholt. Wenn uns das politische und regulatorische Umfeld ermutigt, uns in Europa schneller zu bewegen als andere, werden wir auch wirtschaftlich gewinnen. Wenn wir jetzt neue Verfahren entwickeln und neue Technologien auf den Markt bringen, können wir in den Industrieländern zumindest Marktanteile zurückgewinnen, die wir an billigere asiatische Wettbewerber verloren haben.

Wird die Kreislaufwirtschaft an Fahrt gewinnen?

Ich glaube schon. Dies ist nur aus moralischen Gründen erforderlich. Wir müssen etwas für die nächsten Generationen tun. Dazu muss hier und jetzt ein Umdenken stattfinden. Wir müssen verstehen, dass echte Zyklen effizient und nicht produktiv sein sollen. Es geht nicht darum, weniger zu tun, sondern das Richtige zu tun. Dabei geht es beispielsweise nicht darum, die Verwendung von Mischkunststoffen zu beenden, sondern recycelbare Kunststoffe zu schaffen. Ich denke, wir bewegen uns definitiv in die richtige Richtung.